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die Vertreibung
Benesch's Aktivitäten während des Krieges
der Weg zum Münchner Abkommen 1938
der tschechoslowakische Staat
der 1. Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie
vom latenten zum offenen Nationalismus
der Slawenkongress und die Folgen
die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts
der Aufstieg Österreichs zur Großmacht
der Dreißigjährige Krieg
die Hussitenzeit, ein Religionen- oder Nationalitätenstreit
das goldene Zeitalter Böhmens
Böhmen wird Herzland des Reiches
Die Przemysliden
Vorgeschichtliche Besiedlung Böhmens
Vorbemerkung
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der Weg zum
Münchner Abkommen 1938

    Das demokratische Gleichheitsprinzip und zugesagte kantonale System mit Autonomie, nach Schweizer Muster, wurde den Sudetendeutschen nicht gewährt, die mit 3,26 Millionen einen Anteil von 24% an der Staatsbevölkerung hatten. In den Friedensverträgen wurde der CSR die Verpflichtung auferlegt, einen Minderheitenschutzvertrag abzuschließen. Dieser sicherte den Deutschen bei einem ethnischen Mindestanteil von 20% die Zweisprachigkeit bei öffentlichen Ämtern zu. Sie konnten Schulen, Kirchen, Theater, Bibliotheken, Zeitungen, Vereine usw. in deutscher Sprache betreiben. Das Sprachgesetz vom 19.2.1920 schrieb jedoch vor, dass alle Staatsbeamten- und Angestellten die tschechische Sprache beherrschen mussten. In den rein deutschen Gebieten bestanden diese Personen die angeordnete Sprachprüfung oft nicht und wurden deshalb entlassen. Aber trotz bestandener Prüfung mussten Tausende deutscher Staats- und Gemeindeangestellter ihren Dienst quittieren. (1924 allein 40.000 Postler und Eisenbahner) oder wurden ins tschechische Gebiet versetzt. Für die frei gewordenen Stellen holte man tschechische Beamte mit vielen Kindern in die deutschen Gebiete. Bis 1938 erreichte diese Ansiedlung die Zahl von 400.000 Personen.
    
Hatte nun ein Ort fünf tschechische Kinder, so errichtete man eine tschechische Schule. Anderseits wurden deutsche Schulen mit weniger als 40 Schülern geschlossen. Viele Familien zwang man, ihre Kinder in tschechische Schulen zu schicken. Das Gesetz zum Schutz der Republik von 1923 schränkte die Pressefreiheit ein, und bereits 1922 wurden 1498 deutsche Zeitungen beschlagnahmt. Die damit nicht einverstandenen Deutschen wurden für illoyal erklärt. Bei der Bodenreform vom 15.10.1919 enteignete man 840.000 ha deutschen Grundbesitz, d.h. 30% der Fläche des Sudetenlandes. Davon erhielten die Tschechen 94% zugeteilt.
    Die Wahlkreisanordnung brachte auch hier den Deutschen Nachteile. So benötigte man in Prag nur 19000 Stimmen, um einen Abgeordneten in das Parlament zu bekommen, während im deutschen Teplitz ‑ Laun 26 000 Stimmen erforderlich waren. Das Parteiensystem der Sudetendeutschen war demokratisch legitimiert und dem der Weimarer Republik ähnlich. Bereits 1922 erklärten zahlreiche sudetendeutsche Parteien ihre Bereitschaft zur Mitarbeit in der Regierung. 1926 traten zwei deutsche Minister in das 3. Kabinett ein und versuchten die Benachteiligungen der Deutschen bei der Bodenreform, in der Industrie und im Schulwesen zu beseitigen. Dies gelang jedoch nicht, da sie an dem nationalistischen Kurs der tschechischen Regierung scheiterten. In ihrer Not und Verzweiflung gründeten die Sudetendeutschen zahlreiche Schutzverbände, z.B. Bund der Deutschen etc. Die Weltwirtschaftskrise 1929 - 1933 traf besonders die Sudetendeutschen in der Textil-, Glas-, und Porzellanindustrie, die zu 90% auf ihrem Siedlungsgebiet lagen. 62% der Arbeitslosen waren Deutsche.
    Durch das Arbeitslosenelend, die Diskriminierung der deutschen Minderheit sowie die Enttäuschung der sudetendeutschen Wähler über die totale Erfolglosigkeit der deutschen Parteien kam es am 1. Oktober 1933 zur Gründung der Sudetendeutschen Heimatfront durch Konrad Henlein. Ihm ging es um die Verwirklichung der einst zugesagten Autonomie. In einer Rede am 21.10.1934 in Böhmisch - Leipa distanzierte er sich jedoch vom Nationalsozialismus im Deutschen Reich und bekannte sich zur Loyalität gegenüber dem tschechoslowakischen Staat. Zu den Parlamentswahlen von 1935 musste sich die Heimatfront in Sudetendeutsche Partei (SdP) umbenennen. Auf Anhieb erhielt sie 68% der deutschen Stimmen und konnte 44 Sitze (11 Sitze für die deutschen Sozialdemokraten, 6 Sitze für die Christlich-Sozialen und 5 Sitze für den Bund der Landwirte) erringen. Damit war sie stimmenstärkste Partei der Republik, wurde jedoch weder zur Regierungsbildung aufgefordert, noch an ihr beteiligt. Daraufhin knüpfte Henlein Auslandskontakte, vornehmlich mit London.
geschichte-08
    Nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland wurden Sudetendeutsche wegen Hoch- und Landesveräterischer Handlungen verfolgt. Ab dem 29. Mai 1933 verbot man den Empfang von Rundfunksendungen aus dem Deutschen Reich. Im November 1934 erstürmten tschechische Studenten die Prager Deutsche Universität und verlangten die Herausgabe der alten Universitätsinsignien. Es kam zu schweren Auseinandersetzungen mit deutschen Studenten. Das Unterrichtsministerium zwang den Rektor der Deutschen Karls-Universität die Insignien auszuliefern. Auch als Eduard Benesch am 19.12.1935 Staatspräsident wurde, blieb er gegenüber den sudetendeutschen Forderungen nach Autonomie unnachgiebig. Die offensive Nationalitätenpolitik Prags gegen die Sudetendeutschen gipfelte im Staatsverteidigungsgesetz vom 31. Mai 1936, das die bürgerlichen Grundrechte einschränkte. Willkürliche Verhaftungen ohne richterliche Kontrolle waren die Folge
    Am 26. April 1936 richteten die sogenannten Jungaktivisten (Wenzel Jaksch von der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Hans Schütz von der Deutschen Christlich-Sozialen Volkspartei und Gustav Hacker vom Bund der Landwirte) einen beschwörenden Appell an Sudetendeutsche und Tschechen vor dem sich abzeichnenden Unheil. Doch auch diese Bemühungen waren erfolglos. Am 27. April 1937 brachte Henleins Sudetendeutsche Partei sechs Volksschulgesetzentwürfe ein, sie sollten die Gleichberechtigung jeder ethnischen Minderheit sichern. Diese wurden von den tschechischen Parteien wegen Verfassungswidrigkeit abgelehnt.
    Noch im Mai 1936 betonte Henlein die Unabhängigkeit von der Führung der NSDAP und vom Deutschen Reich, indem er alle Mitglieder der Sudetendeutschen Partei ausschloss, die nationalsozialistischen Bestrebungen hätten bezichtigt werden können. Doch es bildete sich bereits nach den Mai - Wahlen 1935 eine Gruppe um Karl Hermann Frank, die den Anschluss an das Deutsche Reich anstrebte. Als jedoch bei einer Kundgebung der SdP am 17. Oktober 1937 in Teplitz-Schönau Karl-Hermann Frank von tschechischer Polizei geschlagen wurde, führte dies bei Henlein zu einem Wandel seiner politischen Einstellung. Er gab die Bereitschaft zur Verständigung mit den Tschechen auf und bekannte sich zu Hitlers Politik gegenüber Prag. Im gleichen Monat besuchte Henlein England und traf mit Churchill zusammen.
    Am 28. März 1938, nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März, trafen sich Henlein und Frank bei Hitler. Hitlers Weisung, an Prag für die tschechische Seite unerfüllbare Forderungen zu stellen, gab Henlein in seinem Karlsbader Programm am 24. April 1938 bekannt. Er forderte: volle Gleichberechtigung der deutschen Volksgruppe, Anerkennung des sudetendeutschen Siedlungsgebietes, sudetendeutsche Selbstverwaltung, Wiedergutmachung des Schadens, der den Sudetendeutschen seit 1918 durch das Unrecht entstandenen war, Freiheit des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum und zur deutschen Weltanschauung. Die Prager Regierung lehnte das Programm ab. Im März 1938 traten die Christlich-Sozialen und der Bund der Landwirte aus der Koalitionsregierung aus, stellten ihre Tätigkeiten ein und empfahlen ihren Mitgliedern, sich der SdP anzuschließen. Am 20. Mai 1938 erhielt die SdP bei den Gemeinderatswahlen 92,6% der deutschen Stimmen.
    Erst jetzt erkannten die Westmächte die kritische Lage in der CSR. England riet der tschechischen Regierung, die Forderungen Henleins ernst zu nehmen und sandte Ende Juli 1938 Lord Runciman als Vermittler und Beobachter. In kurzer Zeit gewann diese Delegation ein umfassendes Bild von der tatsächlichen Lage der Sudetendeutschen. Auf Druck Runcimans billigte Benesch am 5. September 1938 den deutsch besiedelten Gauen endlich die territoriale Autonomie zu sowie nationale Proportionalität und Gleichstellung der Sprachen. Diese seit 20 Jahren erstrebten Zugeständnisse kamen jedoch zu spät.
    Als am 12. September 1938 Hitler auf dem Reichsparteitag in Nürnberg ankündigte, dass er eine weitere Unterdrückung der Sudetendeutschen nicht dulden werde und das Selbstbestimmungsrecht für sie forderte, kam es in zahlreichen Städten Böhmens zu Freudenkundgebungen und Zwischenfällen. Daraufhin wurde in 13 sudetendeutschen Bezirken das Standrecht verhängt. Die Führer der SdP brachen die Verhandlungen mit Prag ab und kündigten das Autonomie-Programm. Am 15. September 1938 forderten sie Wir wollen heim ins Reich. Am 16. September 1938 verbot Prag die SdP, setzte die Verfassungsbestimmungen über die Freiheit der Person, des Hauses, die Versammlungs- und Vereinsfreiheit sowie das Briefgeheimnis außer Kraft. Henlein und seine engsten Mitarbeiter entkamen durch den Übertritt nach Deutschland der Verhaftung.
    Im Abschlussbericht des Lord Runciman vom 11. September 1938 bezeichnete dieser die Politik der Tschechen seit 1919 als taktlos, verständnislos, unduldsam und diskriminierend und empfahl die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich. Daraufhin flog der britische Premierminister Lord Neville Chamberlain am 15. September 1938 zu Hitler nach Berchtesgaden. Hitler forderte die Abtrennung der Sudetengebiete. Chamberlain sah die Gefahr eines Krieges und drängte zusammen mit dem französischen Außenminister Daladier in Noten vom 19. September 1938 nachdrücklich Prag zur Abtretung aller Gebiete mit mehr als 50% deutscher Bevölkerung. Am 20. September 1938 lehnte Prag die Forderungen ab und am 21.September 1938 erklärten die Abgesandten Englands und Frankreichs, dass im Falle einer Ablehnung die CSR allein die Schuld für einen Krieg trage, die Sowjetunion ließ Zurückhaltung erkennen.
    In seiner totalen Isolierung gab nun Benesch in einer Note an England und Frankreich am 21. September 1938 die Zustimmung zur Abtrennung der Sudetengebiete an das Deutsche Reich. Chamberlain besuchte am 23. September 1938 Hitler in Bad Godesberg und brachte ein Memorandum mit, das den Einmarsch der deutschen Wehrmacht ins Sudetenland am 1. Oktober 1938 ultimativ ankündigte. Prag lehnte dieses ab und antwortete mit der Generalmobilmachung am 26. September 1938. Am 27. September 1938 befahl Hitler die Mobilisierung der Westdivisionen. Einen Tag zuvor griff er in seiner Sportpalastrede Benesch scharf an und versicherte Wenn dieses Problem gelöst ist, gibt es für Deutschland in Europa kein territoriales Problem mehr. Und ich habe Herrn Chamberlain versichert, dass [...] ich dann am tschechischen Staat nicht mehr interessiert bin. Und das wird garantiert! Wir wollen keine Tschechen!.
    Am 27. September 1938 beschlagnahmten die Tschechen in den Sudetengebieten alle Rundfunkempfänger. 20.000 Sudetendeutsche wurden als Geiseln festgenommen, 200 Brücken zerstört, Tunnels gesprengt und Eisenbahnstrecken unbefahrbar gemacht. Frankreich stellte sich, von England unterstützt, für den Kriegsfall auf die Seite der CSR. Am 28. September 1938 bat Roosevelt Mussolini bei Hitler eine Konferenz zur Schlichtung anzuregen. England gab die Mobilmachung seiner Flotte bekannt.
    Ohne die Sudetendeutschen, die Tschechen warteten im Vorraum, traten am 29. September 1938 Chamberlain, Daladier, Mussolini und Hitler in München zusammen. Zur Verhandlung standen die Modalitäten der Abtretung der Sudetengebiete, die zuvor von der britischen und französischen Regierungen beschlossen worden waren. Noch vor Mitternacht wurde das Kommuniqué ausgegeben. Am 1. Oktober 1938 sollte die Übergabe der Sudetengebiete mit mehr als 50% Deutschen begonnen werden und am 10. Oktober 1938 abgeschlossen sein. Der gesamte Grenzverlauf wurde von einem international zusammengesetzten Ausschuss am 21. November 1938 festgelegt. Am 30. September 1938 nahm die tschechische Regierung die Forderung an. Benesch trat wenige Tage später zurück. Das Staatsgebiet der CSR wurde mit dem Beschluss um 27.000 qkm kleiner. Während bei den Sudetendeutschen Freude über die Befreiung von der Fremdherrschaft herrschte, erzeugte dies bei den Tschechen Wut und Hass gegen die Deutschen innerhalb und außerhalb des Landes.
geschichte-09
    Während die Gebiete im Süden den angrenzenden Reichsgauen (Böhmerwald an die Bayerische Ostmark und Gau Oberdonau, Südmähren an den Gau Niederdonau) angeschlossen wurden, gründete man im Norden den Sudetengau. Konrad Henlein wurde Gauleiter und hatte seinen Sitz in Reichenberg.
    Mit der Angliederung an das Deutsche Reich fanden wieder viele arbeitslose Sudetendeutsche Anstellungen. Hunderttausende Tschechen, die seit 1919 zur Tschechisierung eingewandert waren, verließen mehr oder weniger freiwillig das Sudetenland. Sie konnten ihren Besitz mitnehmen und ihre Immobilien ordnungsgemäß verkaufen. Manche Tschechen blieben auch.
    Wie im Reich wurden nun auch im Sudetenland alle Organisationen gleichgeschaltet, SdP-Mitglieder in die NSDAP übernommen. reichsdeutsche Beamte und Funktionäre den Sudetendeutschen vor die Nase gesetzt. Die Verfolgung Andersdenkender begann auf breiter Front. Neben den deutschen Sozialdemokraten traf dies auch die Christlich- Sozialen, Juden, Wirtschaftsleute, Kirchenführern und selbst Leute aus Henleins Mitarbeiterstab. 20.000 Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei wurden verhaftet, 2.500 Sudetendeutsche ins KZ Dachau eingewiesen. Etwa 30.000 sudetendeutsche Sozialdemokraten und Juden flüchteten ins Ausland.
    Benesch ging nach seinem Rücktritt ins Ausland. Dr. Emil Hacha, sein Nachfolger, war ein geachteter Staatsrechtler auch bei den Deutschen. Prag bemühte sich vom Deutschen Reich eine Garantie seiner neuen Grenzen zu erhalten. Hitler hatte jedoch bereits die Besetzung der Resttschechoslowakei beschlossen. Am 13. März 1939 erklärte er der Slowakei ihre Unabhängigkeit. Präsident Hacha flog am 14. März 1939 nach Berlin zu Hitler. Dieser unterrichtete ihn über die Absicht, das Rest-Staatsgebiet zu besetzen und drohte, falls Widerstand geleistet würde, Prag durch die Luftwaffe dem Erdboden gleichzumachen. Hitler erpresste damit Hachas Zustimmung für den Einmarsch.
    Am 15. März 1939 wurde das Restgebiet von Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien vom Deutschen Reich besetzt. Hitler zog in die Prager Burg auf dem Hradschin ein. Außenminister Ribbentrop verlas am 16. März 1939 über Radio Prag den Führererlass, der die Schaffung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren als autonomen Teil des Großdeutschen Reiches zum Inhalt hatte.
    Der tschechoslowakische Staat hatte nach knapp 20 Jahren zu existieren aufgehört. Die Protektoratsregierung war tschechisch und hatte mit Dr. Hacha einen tschechischen Staatspräsidenten mit neun Ministern und eine autonome Verwaltung, Rechtssprechung und Kultur. In der Außenpolitik und Landesverteidigung war zum Reichsprotektor und Repräsident des Führers Freiherr Konstantin von Neurath ernannt worden. Er stand über der tschechischen Protektoratsregierung. Unmittelbar nachgeordnet waren 26 Oberlandräte. Sie hatten sich der deutschen Bevölkerung des Protektorats zu widmen. Deutsche, welche die tschechische Staatsangehörigkeit angenommen hatten, konnten sich wieder um die deutsche bewerben. Deutsch und Tschechisch waren gleichberechtigte Amtssprachen. Die Protektoratsdeutschen unterstanden der deutschen Gerichtsbarkeit.
    Die Tschechen waren vom Kriegsdienst befreit. Anfangs gingen viele davon freiwillig ins Altreich zur Arbeit. Ab Mai 1941 wurde die Arbeitspflicht für alle eingeführt. Die Tschechen hatten wenig Grund Widerstand zu leisten, da sie bei guten Löhnen, arbeits- und sozialrechtlich den Deutschen gleichgestellt waren. Wichtige Teile der Wirtschaft mussten sich der reichsdeutschen Kontrolle unterziehen. In der Verwaltung arbeiteten hauptsächlich reichsdeutsche Beamte, nur vereinzelt auch Sudetendeutsche. Ein Sudetendeutscher stand jedoch in der Protektoratsführung: Karl Hermann Frank, zunächst Staatssekretär und SS-Brigadeführer, ab 1943 Deutscher Staatsminister für Böhmen und Mähren und SS-Obergruppenführer. Am 27. September 1941 löste der SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich den verständnisvoll agierenden Reichsprotektor Konstantin von Neurath von seinem Amt ab.
    Gegen die Okkupanten kam es zum Widerstand. Besonders die Studenten und die Intelligenz sahen es als ihre Pflicht daran teilzunehmen. Im November 1939 wurden nach einer Studentendemonstration 9 Studenten hingerichtet und alle technischen Hochschulen und Universitäten geschlossen, tschechische Professoren und Journalisten ab 1941 deportiert. Im Untergrund entstand ein umfangreiches Nachrichtennetz. So hatte Staatspräsident Hacha und Ministerpräsident Elias bis 1941 laufend Verbindung mit der Exilorganisation Beneschs. Zu Streiks und Sabotageakten kam es, als die Deutschen am 22. Juni 1941 die Sowjetunion angriffen. Heydrich zerschlug den organisierten tschechischen Widerstand. Neben Elias und dem Prager Primator Klapka wurden weitere 404 Mitglieder dieser Organisation hingerichtet und zwischen 4000 und 5000 Tschechen verhaftet und z.T. in Konzentrationslager eingewiesen. Diese drakonischen Maßnahmen trafen nicht Sudetendeutsche, sondern reichsdeutsche Besatzer, die sie ausführten. Auf Weisung Beneschs wurden am 28. Dezember 1941 zwei in England ausgebildete tschechische Emigranten bei Pilsen mit dem Fallschirm abgesetzt. Sie hatten den Auftrag Heydrich zu ermorden. Am 27. Mai 1942 verübten sie das Attentat in Prag, an dessen Folgen Heydrich am 4. Juni 1942 starb.
    Der Sudetendeutsche Karl Hermann Frank verhinderte, dass nach Hitlers Wunsch 10 000 und nach dem Willen Himmlers 30 000 Tschechen standrechtlich erschossen wurden. Der Hinweis, die Täter hielten sich im Dorf Lidice bei Prag versteckt (man hatte sie dort nicht gefunden) genügte, es zur Abschreckung und Vergeltung am 10. Juni 1942 zu vernichten. 173 männliche Bewohner wurden erschossen, 198 Frauen kamen in das KZ Ravensbrück, 98 Kinder kamen in SS-Familien, und machte Lidice dem Erdboden gleich. Weitere 1357 Tschechen wurden erschossen und 3200 Personen verhaftet. Die in Prag durch Verrat aufgespürten beiden Attentäter nahmen sich am 18. Juni 1942 das Leben. Ab Lidice blieb es bis April 1945 relativ ruhig.
    Die Okkupanten erschossen während der 5 Jahre Protektoratszeit etwa 38.000 Tschechen. Die tschechische Seite gibt höhere Zahlen an und spricht von 100.000 Invaliden, meist heimgekehrten KZ-Häftlingen.

Sudetendeutsche Geschichte