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die Vertreibung
Benesch's Aktivitäten während des Krieges
der Weg zum Münchner Abkommen 1938
der tschechoslowakische Staat
der 1. Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie
vom latenten zum offenen Nationalismus
der Slawenkongress und die Folgen
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Böhmen wird Herzland des Reiches
Die Przemysliden
Vorgeschichtliche Besiedlung Böhmens
Vorbemerkung
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vom latenten
zum offenen Nationalismus

    In der 49 Jahre dauernden Regenschaft von Franz Joseph fehlte diesem der Weitblick für eine Neuordnung der Donaumonarchie. Mit Beschwichtigungen allein konnte man dem aufkommenden Liberalismus nicht beizukommen. Die Sudetendeutschen waren die treibenden Kräfte gegen den Kleinkatholismus, ja gegen die katholische Kirche überhaupt. Sie kämpften gegen die Vorrechte des Adels und den Absolutismus und erreichten die Abschaffung des Konkordats. Die Volksschulen erhielten neue Grundlagen und die Bürgerschulen wurden eingeführt. Die Bedeutung des Nationalitätenproblems verkannte man jedoch. Aus Furcht vor einer Stärkung der Slawen lehnten die Deutsch- Liberalen 1871 die Fundamentalartikel des böhmischen Landtags zum Ausbau einer autonomen Verfassung ebenso ab wie die Balkanpolitik der Monarchie. Man übersah das volle Gewicht der zahlenmäßigen Mehrheit der Tschechen in der Landes- und Reichspolitik.
    Als völkische Organisation gründeten die Tschechen 1863 den Sokol (Falke), eine Nachbildung der deutschen Turnerschaft. Sie sollte sich später zu einer Art Volksarmee entwickeln. Der wirtschaftliche Aufschwung arbeitete für die Tschechen. Das Einwandern tschechischer Arbeiter in die sudetendeutschen Randgebiete und das Zurückdrängen des deutschen Bürgertums in den Städten Innerböhmens und Mährens schwächte den Einfluß des Deutschen. 1882 wurde die tschechische Universität in Prag gegründet und ab 1883 hatten die Tschechen die Mehrheit im Landtag. Erst als die Gefahren den Deutschen über den Kopf wuchsen, begannen diese ihre Schutzverbände (Bund der Deutschen und den Deutschen Schulverein) auszubauen und gründeten auch 1884 u.a. den Deutschen Böhmerwaldbund.
    Nachdem zwischen Deutschland und Frankreich 1870 der Krieg ausbrach und für Deutschland erfolgreich endete, hofften die Sudetendeutschen auf eine Vereinigung der deutsch-österreichischen Gebiete mit dem 1871 gegründeten zweiten deutschen Kaiserreich. Bismarcks Politik zielte jedoch auf einen Weiterbestand Österreich- Ungarns, um ein Bollwerk gegen die russische Vorherrschaft im Donauraum zu etablieren. Die Sudetendeutschen waren nun in dieser, aus zwölf Völkern bestehenden Monarchie, allein gelassen.
    In Böhmens gemischtnationalen Gegenden und Städten führten Demonstrationen der einzelnen Nationalitäten zu blutigen Zusammenstößen. Auch Juden, die sich wegen ihrer deutschen Namen der deutschen Kultur verbunden fühlten, waren Opfer tschechischer, panslawischer Kundgebungen. Von 1893 bis 1895 verhängte man über Prag der Ausnahmezustand. Fanatische Tschechen versuchten die zahlreichen Sprachinseln und sogar das rein deutsche Sudetenland zu tschechisieren. Auch die Stawenvölker stritten untereinander um die Vorherrschaft. So kam es, dass Wien 1897 die vom polnischstämmigen Ministerpräsidenten erlassene Sprachenverordnung aufhob. Die deutsche Sprache war nun wieder im ganzen Reich Amtssprache. Die Deutschen erbrachten in diesen Jahren aufbauende Leistungen. Sie gründeten beispielsweise 1894 den Bund der Deutschen und die Nordmark Troppau. Die Gesellschaft zur Förderung deutscher Kunst und Wissenschaft bestand seit 1891, der deutsche Volksrat von 1903 bis 1918. Die Zeitschrift Deutsche Arbeit erschien ab 1895.
geschichte-06
Österreichisch-Ungarische Monarchie 1867-1918 (Gebietstsand 1908)
In Mähren wurden die nationalen Reibereien 1905 mit einem nationalen Ausgleich besiegelt. In Böhmen kam es jedoch nicht dazu. Die Tschechen, im Ausland wegen des raschen wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs geachtet, hatten unter anderem mit dem Gelehrten, Publizisten und Politiker Thomas Masaryk internationalen Ruf. Seine Bücher; Böhmische Frage, die Soziale Frage und Russland und Europa fanden starke Beachtung. Masaryk war wie einst Palacky für den Erhalt des österreichischen Staates, dessen Erhalt er in der Demokratie sah. Je mehr sich die Lage in Deutschland verschlechterte, um so mehr schraubten die Tschechen ihre Forderungen an den Staat hoch. Masaryk wusste wohl, warum er in der Demokratie nur gewinnen konnte. 1907 wurde in Wien das erste Parlament durch allgemeine und gleiche Wahlen gewählt. Die Slawen erreichten die Mehrheit mit 265 Sitze, bei 28 Fraktionen. Die Deutschen konnten nur noch 233 Sitze erzielen.

Sudetendeutsche Geschichte